Tiefrotes Budget zum Dritten – einmal mehr. Bericht aus der Doppelsitzung des Gemeinderats vom 6. Dezember 2021

Veröffentlicht am Posted in GRBerichte, Marc Thalmann, Matthias Bickel

Heute trifft sich der Gemeinderat zur Königin aller Sitzungen: der Budgetdebatte. Abermals präsentiert sich das Budget aber nicht in royalblau, worüber der Gemeinderat heute zu befinden hat: Nein, es ist tiefrot.

Wir sind gespannt, wie es heute Abend mit Kürzungsanträgen aussehen wird. Bei der angespannten finanziellen Lage wollte die SP in einem GF sogar noch mehr Budget haben. Alles ist möglich, man glaubt es kaum. Auf jeden Fall sind auch alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte da – auch das ist möglich.

Den Auftakt machen die persönlichen Erklärungen. Diesmal nur mit einer. Balz Thalmann stört sich einmal mehr am Ustertag mit Kirche und Risotto und gesponsertem Wein und Zweiklassengesellschaft… Und einmal mehr wird sich das auch trotz seines Votums nicht so schnell ändern.

In den Mitteilungen zollt Ratspräsidentin Anita Borer der Delegation von Stadtrat (mit Cla Famos) und Gemeinderat (mit Marc Thalmann) ihren Respekt; sie stellte eine Mannschaft und bestritt bei harschem Wetter die Eröffnungsspiele zum neuen Kunstrasen mit 1 S – 1 N – 1 U; Torverhältnis 7:8. Verlässliche Quellen hätten Stadtpräsidentin rechts aussen spielen sehen. Hört, hört!

Und zu guter Letzt: Es gelten – einmal mehr – wieder schärfere Coronamassnahmen; also: „Maske auf“ den ganzen Abend!

Voranschlag 2022Weisungen 79/2021, 80/2021, 81/2021

Eintretensdebatte

Stadtrat

SR Cla Famos (FDP), Finanzvorstand, eröffnet die Debatte. Erst mit einer guten Nachricht – das Steuersubstrat für das laufende Jahr 2021 sei weiter gestiegen. Dennoch wir die Rechnung 2021 wohl mit einem Defizit schliessen. Davon aber mehr im nächsten Jahr. Ums 2022 geht’s heute aber dennoch: um dessen Budget. Cla Famos zeigt ein rosiges Bild der erwarteten Situation, doch findet unsere Fraktion diese bei den neu veranschlagtem CHF 4.7 Mio. Defizit als nicht mehr so behaglich, wie uns im Novemberbrief dargelegt worden ist. Immerhin: der Steuerfuss soll bei 94% bleiben und die mittelfristige Prognose sehe nicht so schlecht aus, meint Cla Famos. Das Budget sei konservativ und realistisch aufgesetzt. Die Globalkredite bezogen auf die Ustermer Bevölkerung sollen sogar leicht sinken. Zudem seien die CHF 200 Mio. in der Planung im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls (um 10 Mio.) gesunken. Im Laufe der Debatte in den Kommissionen seien einige Kürzungsanträge eingegangen, aber auch die meisten nicht durchgekommen. Cla Famos meint zu den globalen Kürzungen, dass diese meist höheren Aufwand generierten. Der Stadtrat schliesst mit den Worten, das Budget stehe für Kontinuität, Verlässlichkeit und Vorsicht.

RPK

Walter Meier, Präsident der RPK, erörtert das Budget aus Sicht der Kommission. Man wisse es, das Budget sehe nicht rosig aus. Stossend sei, dass ein Teuerungsausgleich von neu 0.9% bei den Löhnen in der RPK nicht mehr diskutiert worden konnte. Immerhin: die Stadt plane mit CHF 15 Mio. höheren Einkünften, als sie ausgeben wolle – dies reiche aber nicht, die geplanten Investitionen von CHF 26 Mio. zu stemmen. Der Rat wird die ausgebliebene Diskussion wohl jetzt führen wollen…

FDP / Die Mitte

Marc Thalmann führt aus unserer Sicht in die Debatte ein und schickt erst eine Adresse an die SP, welche meinte, sie schätze die Arbeit unseres eigenen Finanzvorstands mehr als wir: „Wir schätzten unseren Stadtrat ebenfalls sehr. Aber, liebe SP, das ist der Kern des Problems – ihr meint, der Finanzvorstand alleine trage die Verantwortung des Budgets. Aber tatsächlich ist es der Stadtrat als Gremium, was aber bei euren Vertreterinnen und Vertreter noch nicht angekommen scheint. “ Und so erfüllten sich unsere Befürchtungen auch bald, als der Stadtrat das prognostizierte Defizit von CHF 3.3 Mio. auf 4.7 Mio. erhöhte. Und dabei seien die Auswirkungen der Pandemie noch nicht mit eingerechnet, wie Marc Thalmann zu Bedenken gibt. Auch sei die Erhöhung des Steuerfusses um 3% sang- und klanglos verpufft. Es lässt einen in der Tat schon zweimal leer schlucken, wenn man die kumulierten CHF 23 Mio. sieht, die uns diese Legislaturperiode mit dem links-grünen Stadtrat beschert hat – gestützt durch den links-grünen Gemeinderat. Dennoch liege es in der Verantwortung einer Exekutive verstärkt Finanzverantwortung zu tragen, präzisiert Marc Thalmann in seinem Referat.

Die anderen Fraktionen

Die SP hat das Defizit erwartet; Corona wird natürlich als Grund genannt und der Umstand, dass alles ausserhalb des Einflussbereichs des Stadtrats bestimmt sei. (Das hören wir jedes Jahr.) Der Stadtrat gehe auch behutsam mit dem Geld. (Aha.) Und Schulden können wir uns auch leisten. (Ach, ja? Das hiess vor noch nicht allzu langer Zeit ein wenig anders. Da macht es sich die SP etwas gar einfach, den SP-dominierten Stadtrat mit dieser Lobesrede aus der Verantwortung zu nehmen. Ein Stadtrat, der zum dritten Mal ein Defizit präsentiert.)

Die SVP sieht auch beim neuen Budget keine Abkehr der gängigen Defizitpolitik. Auch gebe es immer noch Geschäftsfelder, die sich ihre eigenen Budgets auslegten und die Vorgaben des Gemeinderats schlicht ignorierten. Der Rat werde heute Abend aber doch wieder so tun, als würde man sich ums Defizit sorgen und dagegen halten wollen und doch wird wieder nichts geschehen. So ist auch wieder sicher, dass wir uns in einem halben Jahr wieder mit Nachtragskrediten in Millionenhöhe herumschlagen werden.

Die GLP/EVP ist ebenfalls nur mässig zufrieden mit dem vorgelegten Budget. Eigentlich habe der SR nicht erfüllt. Immerhin halte sich das Budget am Vorjahr. Ein Lichtblick: der Selbstfinanzierungsgrad solle in den nächsten Jahren steigen. Auch hoffe die Fraktion, dass die Corona-Pandemie sich bald entspanne und die Stadtkasse nicht mehr belaste. Hart ins Gericht geht die Fraktion aber mit den Subkommissionen des Gemeinderats, wo teils schlecht gearbeitet werde, was sich zum Beispiel bei ausbleibenden oder globalen Kürzungsanträge münde.

Die Grünen finden das Defizit auch unschön, doch sei das eben so wegen der Pandemie. Natürlich wollen die Grünen (noch) mehr Grün im Budget und sind daher enttäuscht und mit dem Stadtrat nicht zufrieden. (Dass man „selber mal verzichten“ könnte, kennt die Fraktion nicht – selbst jetzt in der Pandemie nicht. Genau die Partei, die dem Rest der Bevölkerung stets dogmatisch Verzicht lehren tut!)

Folgende Sparanträge werden gleich gestellt:

Kürzungsantrag RPK (eingebracht durch die FDP): Den Globalkredit um CHF 600’000 zu kürzen
21:14 angenommen

Kürzungsantrag FDP/Mitte: Den Globalkredit um CHF 560’000 zu kürzen
15:20 abgelehnt

LG Kindheit, Jugend und Inklusion

Die Kürzungs- und Erhöhungsanträge führen zur Diskussion. Eine Minderheit der SP will tatsächlich einen CHF 50’000 mehr für die Inklusion. Die SVP hält mit einer Kürzung CHF 70’000 dagegen. Es zeigt sich, wie die SP alles haben will – auch für die Kultur. Und am Ende gewinnt…

Die GLP/EVP führt detailliert aus, wo Menschen mit Beeinträchtigungen überall zu wenig Unterstützung erhalte. Die Fraktion ist sich der angespannten finanziellen Lage zwar bewusst, plädiert aber trotzdem für die Erhöhung.

Die Stadtpräsidentin erklärt, was die Stadt alles für Inklusion tun wolle und gibt indirekt das Zeichen dass der Gemeinderat doch für die Erhöhung stimmen solle. – (Wir hören wohl nicht recht? Gerade erst hat der Finanzvorstand einleitend gesagt, dass der Stadtrat mit Ausnahme einer Position das Budget unverändert beantrage – und diese Position war es nicht?)

LG Baumanagement

Motion 618/2021: Hier geht es darum, die Leistungsmotion um ein Jahr zu verschieben, da die LG noch nicht alle Abklärungen machen konnte.

Das wollen die Grünen einmal wieder nicht verstehen, dass es im Leben immer mal wieder Prioritäten gibt. Dass das Personal des GF – namentlich durch die vielen linken Vorstösse rund um das Thema erneuerbare Energien – vollkommen ausgelastet und an ihre Grenzen gekommen ist. Auch wenn der Referent der Grünen ins Mikrophon schreit, wird es nicht besser – geschweige denn wahrer. Immerhin gibt es noch Einsicht: Die Motionäre stellen die Anträge nicht nochmals. Sie sind in der KÖS wie in der RPK jeweils hochkant gescheitert.

Dennoch ist nichts verloren, wie auch der zuständige Stadtrat Cla Famos für kommende Budgetdebatte eine abstimmungsfertige Vorlage in Aussicht stellt. Das sehen auch wir so: Schauen wir in einem Jahr wieder rein, wenn die LG den Sachverhalt schön ausgearbeitet hat.

Der Rat folgt dem Stadtrat und nimmt dessen Antrag mit 25:2 an.

GF Primarschule

Der globale Kürzungsantrag der SVP gibt zu reden – mit den gleichen Argumenten links wie rechts: Global kürzen gehe nicht, das sei feige, heisst es mutig von Seiten SP. Die SVP entgegnet trotzig, bei der globalen Erhöhung bei der LG Kindheit, Jugend und Inklusion habe der Rat auch nicht genau spezifiziert, wo das zusätzliche Geld hinfliessen solle.

Schlussabstimmung Weisung 79/2021
27:8 angenommen

Weisung 80/2021

Der Antrag der SVP über eine globale Kürzung der Ausgaben auf CHF 265 Mio. (was unrealistischen 4.1 Mio. entsprochen hätte) wird 8:20 abgelehnt.

Schlussabstimmung Weisung 80/2021
27:6 angenommen

Weisung 81/2021

Zum ersten Mal seit Jahren präsentiert die SSU mit gut CHF 2.5 Mio. einen Aufwandüberschuss. Dennoch handle es sich hier um einen Ausreisser, wie der Referent Walter Meier ausführt. Die SSU verfüge auch weiterhin genügend Vermögen, um die künftigen Herausforderungen zu meistern. Und mittelfristig soll der der Haushalt wieder auf Kurs kommen.

Der Rat folgt der Einschätzung und stimmt der Weisung einstimmig zu.

Schlussabstimmung Weisung 81/2021
33:0 angenommen

Kurz nach 21 Uhr geht die recht übersichtliche Sitzung von heute Abend zu Ende.

Für die Fraktion: Matthias Bickel.