Von Hätschelprojekten, Nackenhaaren und wenig schlauen Füchsen – Bericht der Fraktion FDP.Die Liberalen / Die Mitte aus der Sitzung des Gemeinderats vom 13. November 2023

Veröffentlicht am Posted in GRBerichte, Matthias Bickel

Wir treffen uns im Gemeinderatssaal. Der Saal ist heute riiichtig voll: Viele Bürgerrechtsbewerbende, Vertreterinnen und Vertreter der Einzelinitiativen und ein vollzähliger Gemeinderat sind anwesend. Die Traktandenliste von heute Abend hat es ja in sich – in der Menge aber auch im Inhalt der Geschäfte.

Im Rahmen des 175-Jahr-Jubiläums der Bundesverfassung eröffnet der Ratspräsident mit einer schönen Geschichte die Sitzung, wie das (falsche?) Ustermer Gemeindewappen unter die Kuppel des Nationalrats kam. (Hat etwas Wappen damals und mit dem Ustertag zu tun…)

Fraktionserklärung FDP/Die Mitte

Fraktionserklärungen halten wir ja nicht so viele – jetzt ists aber mal wieder nötig! In seiner Fraktionserklärung beschreibt Matthias Bickel (FDP) unseren Unmut zur „Abstimmungsinformation“ der Primarschule Uster (PSU) via SchoolFox App vergangener Woche, wo die PSU unverhohlen auf ihre Vorlage betreffend der Erhöhung des städtischen Beitrags an die schulergänzende Betreuung hinweist. Wir finden: Politische „Werbung“ hat in einem Eltern/Schul-Kommunikationskanal nichts verloren! (Der Fuchs hätte das schlauer gemacht!)

Einzelinitiative 545/2023 von Heidi Longerich, Fritz Pfäffli, Walter Strucken, Anna Schlumpf, Wolfhard Bischoff, Barbara Fischer und Jürg Binkert: „Preisgünstiger Wohnungsbau für Uster“

Ein drängendes Problem – da sind sich alle Fraktion einig. Doch in den Lösungsansätzen zeigt sich abermals der Graben zwischen Links und Rechts – vom linken Verkennen wirtschaftlicher Abläufe und Zusammenhänge. Im seinem Referat legt Gianluca Di Modica (FDP) dar, weshalb wir die berechtigte Idee im Petitionstext als zu eng verfasst empfinden und mit diesem starken Eingriff in den Baumarkt deshalb auch befürchten müssen, dass die Bautätigkeit für angestrebte Liegenschaftsart sogar sinken werde. Man solle die Investoren vielmehr mit Anreizen motivieren als mit Zwang und Vorschriften vor neuen Bauprojekten abschrecken.

Die SVP sieht das auch so, doch die Mitte/Links überhaupt nicht.

Die Einzelinitiative wird mit 18 Stimmen vorläufig unterstützt und überwiesen.

Interpellation 546/2023 von Debora Zahn (Grüne), Natalie Lengacher (Grüne) und Marco Ghelfi (Grüne): «Zentralstrasse muss verkehrsberuhigt werden – auch ohne Moosackerstrasse»; Begründung

Die Grünen stören sich am Vorgehen des Stadtrats – sein Gegenvorschlag macht in ihrer Absicht einen Strich durch die Rechnung. (Ob und wie stark werden wir aber erst nach dem Abstimmungssonntag sehen.) Mit diesem Vorstoss zeigen sie, dass sie der Bevölkerung gar keinen (motorisierten) Verkehr gönnen: Keine Moosackerstrasse und / aber ein beruhigtes Zentrum. (Wobei wir letztes selber durchaus in Erwägung ziehen – aber eben nur mit einer durchsatzstarken Umfahrungsstrasse im Moosacker in Kombination.)

Die Interpellation wird mit 11 Stimmen unterstützt und ist somit erledigt / nichtig. (12 Stimmen wären nötig gewesen.)

Einzelinitiative 665/2022 von Daniel Schnyder: Verkürzung der Barrieren-Schliesszeiten in Uster

Ein weiteres emotionales Thema – zum x-ten Mal auf dem Tisch.

Benjamin Streit (SVP) referiert für die KPB, die vorberatende Kommission und zeigt auf, warum sich technisch nichts anpassen lässt. Sein Referat gibt Einblick in die technische Komplexität.

Paul Stopper (BPU) stört sich an der Barrien-Situation – sie sei das Ärgernis Nr. 1 der Ustermer Bevölkerung – und plädiert in seinem Referat für weitere Bahnunterführungen. Von der kantonalen Politik mit grünem Baudirektor sei da aber nicht viel Unterstützung zu erwarten. Ebenso seien gewisse Kreise in Uster weiterhin bestrebt, die prädestinierte Ufü Winterthurerstrasse zu torpedieren, damit der Verkehr weiterhin von ihrem Hätschelprojekt „Zeughaus“ fernbleibe.

Die Einzelinitiative wird mit 0:24 Stimmen abgelehnt.

[Übrigens: Eine merkliche Verkürzung der Barrieren-Schliesszeiten beziehungsweise der Wartezeit-vor-den-Barrieren erreichte wohl die Anfrage anno 2013 von Matthias Bickel (FDP), wo es um die „Aufhebung der Rotlichtphase beim Öffnen der Bahnschranken“ ging. – Es ist schon traurig, dass in Uster seit Jahrzehnten jede Sekunde zählt…]

Weisung 45/2023 des Stadtrates: Zeughausareal, Bauprojekt Kultur- und Begegnungszentrum, Baukredit

Neben Barrieren das andere grosse emotionale Thema heute Abend. Marc Thalmann (FDP) macht in seinem Referat die Auslegeordnung aus unserer Sicht. Wir sind weiterhin skeptisch betreffend Kinokonzept, wo wir doch überall Kinosterben beobachten – die Stadt auf dem Zeughausareal nun aber gleich zwei neue bauen wollen! Generell soll das Raumprogramm überdacht werden! Auch scheine die Vorlage als zu wenig geprüft: Welche baurechtlichen Hürden müssen (zum Beispiel) noch genommen werden? (Mit der SVP unabgesprochen) stellt es auch Marc Thalmann hier (potenziell) die Nackenhaare auf. (Referenz auf ein vorheriges SVP-Referat.)

Die SVP betrachtet die Vorlag kritisch. Ihr sind die Kosten viel zu hoch; man habe mal von 20 Mio. Franken gesprochen. Die Planung sei völlig über dimensioniert; die Linken machten im Moment eh, was sie wollten. Es bestehe keine seriöse Vorprüfung. Eben: haarsträubend!

Rot/Grün hingegen jubelt und ist vom Projekt hell begeistert, man spricht von grossen Chancen und ist voll des Lobes – und dass das Areal bald so wichtig wie der Greifensee sei. (So, so.) Die Ustermer Bevölkerung wolle das! (Ob die gesamte Ustermer Bevölkerung das wirklich so will?) Bei der Euphorie verzichtet Rot/Grün auch auf manch schöne, alte Bäume, die neuen Konzept weichen sollen. (Paul Stopper weist darauf hin und hebt den Mahnfinger gegen die linke Ratshälfte.) Andererseits mögen die Grünen den Besucherinnen und Besuchern des Zeughausareals die künftigen Parkplätze natürlich nicht gönnen; sie verzichten jetzt im Rat aber auf einen Änderungsantrag. (Wow!) Die GLP/EVP schlägt moderatere Töne an: Für sie gehören Parkplätze dazu. Zudem stuft sie den verlangten Kredit als recht stolz ein.

Die Stadtpräsidentin rundet den Schaureigen ab. Unbestritten: Wir stimmen heute über den Baustart auf dem Zeughausareal ab, worüber seit mittlerweile 20 Jahren gesprochen wird. Das Projekt entspreche den Bedürfnissen von heute. Viele Leute hätten viel Zeit und Arbeit in das Projekt gesteckt.

Die Weisung wird mit 23:11 angenommen.

Weisung 43/2023 des Stadtrates: Petition «Begegnungszone im Quartier um das Stadthaus (Braschlergasse/Gotthardweg/Imkerstrasse)»

Isabel Eigenmann (Die Mitte) spiegelt in ihrem Referat unsere Haltung zur Weisung wieder. Wir favorisieren die kostengünstigere Lösung, die auch der Stadtrat vorschlägt, dennoch sind wir nicht einverstanden mit der Auslegeordnung. Der Stadtrat hätte über die Petitionsantwort hinaus noch weitere Varianten vorschlagen können, wie man in der juristisch vertrackten Situation doch noch mehr für die Sicherheit von Kindern (und auch Erwachsenen) hätte herausholen können. Immerhin stellt der Stadtrat in Aussicht auf eine Neubewertung der Situation in ein paar Jahren / nach der BZO-Revision.

Jürg Krauer (FDP) spricht in seinem Referat im Namen der Petenten und löst somit auch seine Interessensverbindungen auf: Jürg wohnt in der unmittelbaren Nachbarschaft. Er zeigt sich über die vorliegende Weisung in vielen Punkten enttäuscht; der Stadtrat hätte da mehr machen müssen. Aber immerhin etwas mit der vorliegenden Weisung. Die Petenten hoffen auf eine rasche Umsetzung.

GLP/EVP sieht die Bedeutung für eine Begegnungszone; eigentlich stehe der Kindergarten an einem falschen Ort.

Die zuständige Stadträtin verteidigt die Weisung des Stadtrats; sie nimmt Bezug auf die Unfallstatistik, glücklicherweise ist seit längerem zu keinem Unfall gekommen. Auch nimmt sie die aufgeworfenen Diskussionspunkte aus der vorberatenden Kommission (KÖS) mit zur weiteren Verarbeitung.

Die Weisung wird mit 34:0 angenommen.

Postulat 534/2023 der FDP/Die Mitte-Fraktion, der SP-Fraktion, der Grüne-Fraktion und der Grünliberale/EVP-Fraktion sowie von Paul Stopper (BPU): Prüfung einer Gemeindefusion zwischen der Stadt Uster und der Gemeinde Greifensee

Weniger emotional, konzentriert und ernst in der Sache äussern sich die Fraktionen zum heissen Thema Uster / Nänikon / Werrikon / Greifensee. Marc Thalmann (FDP) spricht im Namen des Postulats der beteiligten Fraktionen und unterstreicht das symbiotische Zusammenleben von Uster und allen Aussenwachten über Jahrzehnte. Mit der Grösse biete die Stadt Uster auch viele Dienstleistungen an, wovon selbst die Gemeinde Greifensee profitiere. So sei es erst recht befremdlich, dass der Gemeinderat Greifensee (= Exekutive) in seinem Legislaturziel die Eingemeindung der beiden Aussenwachten Nänikon und Werrikon festgehalten habe.

Die SP verstehe die Beweggründe, doch sei Nänikon ein wertvoller Bestandteil der Stadt Uster (und dürfe nicht gehen). Die Grünen finden (plötzlich) Gefallen an Fusionen, doch kann das Referat wohl nicht ganz ernst genommen werden. GLP/EVP will genauer wissen, warum die Näniker / Werriker Bevölkerung denn nach Greifensee gehen möchte.

Natürlich muss sich auch die Stadtpräsidentin zu diesem heissen Eisen äussern; der Stadtrat hat bereits aufs erste Stellung genommen.

Das Postulat wird mit 24:4 Stimmen überwiesen.

Weitere Geschäfte

Es macht sich langsam Müdigkeit breit im Saal…

Weisung 42/2023 des Stadtrates: Energie Uster AG, Geschäftsbericht 2022

Viel Lob von allen Seiten. Von uns aber kein Referat. Der Rat nimmt den Bericht zur Kenntnis.

Postulat 511/2022 von Markus Wanner (SP), Angelika Zarotti (SP) und Debora Zahn (Grüne): Klimaschutztaugliche Energieplanung

Der Bericht des Stadtrats. Das Postulat wird mit 34:0 als erledigt abgeschrieben.

Motion 528/2023 von Paul Stopper (BPU): Anpassung der Ustermer Bauordnung resp. Ausarbeitung eines separaten Reglements zur Konkretisierung von § 238 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (Einordnungsparagraph)

Paul Stopper möchte eine klare Definition betreffend Einordnung in der Stadt Uster. Gemäss Paul Stopper werde das Stadtgebiet zunehmend mit Schuhschachtel-Architektur verschandelt…

Die SP versteht den Unmut von Paul Stopper, doch sieht sie kein flächendeckendes Problem. Die Ustermer Behörden sollen genau hinschauen. Die SVP/EDU sieht in der Idee Paul Stoppers einerseits die Gefahr einer wachsenden Verwaltung, andererseits brauche es das gar nicht: die Stadt habe die nötigen Instrumente bereits. Die GLP/EVP sieht das Problem beim Stichwort „befriedigend“ – was das denn genau heisse? Das oft erwähnte Farbkonzept der Stadt (zum Beispiel) sei nicht genug!

Der zuständige Stadtrat legt dar, warum der Stadtrat weiterhin auf die Stadtbildkommission setzt. Eine vorgezogene Revision der BZO findet der Stadtrat als nicht zielführend; der Gemeinderat soll alle Ideen dann doch bei der geplanten Revision der BZO auf einmal einbringen.

Mit Zustimmung des Motionärs wird die Motion in ein Postulat umgewandelt, doch auch dieses wird mit 15:18 doch nicht überwiesen.

So, nach bald drei Stunden Debatte ohne Pause leert sich der Saal langsam… (Und die Berichtschreibenden sind auch durch.)

Für die Fraktion: Matthias Bickel / Isabel Eigenmann.