Bericht aus der Gemeinderatssitzung vom 17. Mai 2021: Kurz bevor sich die Schranken definitiv zu senken schienen, wies der Rat den Ergänzungsbericht zur den Bahnquerungen doch nicht zurück

Veröffentlicht am Posted in GRBerichte, Marc Thalmann

Endlich wieder einmal eine Traktandenliste, die den Namen verdient: Ganze neun Geschäfte wollte die Geschäftsleitung an der heutigen Sitzung durchpeitschen. Und obwohl nur zwei davon inhaltlich wirklich diskussionswürdig waren, zog sich die Sitzung dennoch hin, worüber sich eine linke Parlamentarierin auf ihrem Facebook-Account beschwerte.

In einer persönlichen Erklärung machte sich Ivo Koller Luft zu den Wahlen in der vergangenen Sitzung. Es ging ihm gegen den Strich, dass die FDP/CVP- wie die SVP/EDU-Fraktion nicht die offizielle Kandidatur von Patrizio Frei zum 2. Vizepräsidenten unterstützten, sondern, den aus unserer Sicht besser geeigneten, Marco Ghelfi auf die Wahlzettel schrieben. Wir haben den Sitzanspruch der Grünen aber nicht in Frage gestellt und auch keine Kampfwahl angestrebt, wie Ivo Koller uns fälschlicher Weise unterstellte. Sein Votum wirbelte genau gleich viel Staub auf, wie das im Rat später behandeltet Postulat von Patrizio zu den Laubbläser – nämlich: keinen.

Weisung 77/2021 der Primarschulpflege: Weiterentwicklung von Tagesschulen an der Primarschule Uster

Peter Müller hielt ein flammendes Plädoyer für die Tagesschule, welche, mitunter dank eines Vorstosses aus unseren Reihen, in einem mehrjährigen Versuchsbetrieb getestet wurde. Im vergangenen Schuljahr konnten mit zehn zugelassenen Kindern weniger als die Hälfte der 24 Anmeldungen berücksichtigt werden. Das sollte die Diskussionen über die Richtigkeit und den Bedarf für dieses Angebot ein für alle Mal beenden. Das Konzept der Tagesschule ist sinnvoll, wird von den Eltern nachgefragt und ermöglicht auch pädagogisch eine wichtige Weiterentwicklung der Primarschule Uster. Darüber hinaus werden damit zusätzliche positive Effekte erzielt –  von der besseren Chancengleichheit, zur höheren Erwerbstätigkeit der Eltern bis zu tieferen Sozialhilfekosten.

Im Zentrum aller Überlegungen steht aber die Schülerin resp. der Schüler. Durch die stabile Betreuung in gleichbleibenden Gruppen können die Schüler individuell gefördert werden, anstatt von mehrere Male über den Tag die Lokalität und die Betreuungssituation zu wechseln. Das schafft Ruhe und eine gute Lernumgebung.

Dem Ausbau kritisch anzumerken ist aus unserer Sicht die Zeitplanung und die Kostenbeteiligung der Eltern. Den Ausbauplan über die nächsten 10 Jahre empfinden wir etwas gar defensiv. Jetzt, wo das Konzept erprobt ist und die Lehren gezogen werden konnten, sollte man schneller voran gehen und möglichst rasch für alle Ustermer Familien ein Angebot ermöglichen.

Unser grösster Kritikpunkt ist jedoch die aktuelle Aufteilung der Kosten zwischen der Allgemeinheit und den Eltern. Die Tagesschule ist ein klarer Ausbau einer freiwilligen Betreuungsleistung der Schule. Wir sind der Meinung, dass diese Kosten durch die Eltern getragen werden sollten. Einerseits aus Fairness gegenüber den anderen Schülern und andererseits gegenüber den Eltern, die die gesamte Betreuungsleistung selbst erbringen. Der aktuell höhere Elternbeitrag in der Tagesschule gegenüber den Tagesstrukturen zeigt zudem, dass es tendenziell Eltern mit besseren Einkommen sind, die diese Schulform nutzen. Selbstverständlich kann und soll bei der Finanzierung eine Abhängigkeit der finanziellen Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden, so dass die Tagesschule auch bei tieferen Einkommen Sinn macht.

Die flächendeckende Einführung der Tagesschule ist ein zentrales politisches Anliegen unserer Fraktion, um die Standortattraktivität von Uster über die Vereinbarkeit von Schule und Familie zu erhöhen. Wir werden aber auch in Zukunft die erwähnten Verbesserungsvorschläge in die Diskussion einbringen.

Einzig die SVP/EDU-Fraktion hielt im Rat dagegen, aus Angst davor, dass die Tagesschule künftig die Standardlösung im Ustermer Schulbetrieb werden könnte und dadurch die Entscheidungsfreiheit der Eltern, ob sie ihre Kinder selbst betreuen möchten, einschränken würde. Zudem erachtet die SVP/EDU-Fraktion die bestehenden Tagesstrukturen als ausreichend.

Dem Antrag wurde mit 24:8 Stimmen zugestimmt.

Weisung 83/2021 der Sozialbehörde: Dienstleistungen der Pro Senectute Kanton Zürich, Kredit 2022 bis 2025

Den sechszehnseitigen Antrag einmal durchzulesen dauerte wohl länger als die Diskussionen in den vorberatenden Kommissionen. So unbestritten war die Vorlage aus dem Ressort unserer Stadträtin Petra Bättig. In Ihrem Votum hielt Sie fest, dass die Zusammenarbeit mit der Pro Senectute des Kantons ausserordentlich gut funktioniere. Keine andere Organisation kann die Beratungs- und Unterstützungsdienstleistungen im Bereich Alter so komplett und kompetent abdecken wie die Pro Senectute.

Für Uster von Vorteil ist, dass dank des Auftragsvolumens die Büros der Institution hier vor Ort und somit die Wege kurz sind. Für die Verwaltung, aber auch für die Nachfrager nach angebotenen Dienstleistungen wie Sozialberatung, Treuhanddienst, Begleitung von privaten Beistandspersonen oder Unterstützung der Berufsbeistände. Herauszuheben ist, dass die Stadt Uster, dank der guten Betreuung durch die Pro Senectute, einen hohen Anteil an privaten Beistandspersonen aufweist. Das hat den Vorteil, dass den verbeiständeten Personen meist eine intensivere Betreuung zuteil wird. Da sich Private mehr Zeit nehmen können als Berufsbeistände, die mehrere Mandanten zu betreuen haben. An dieser Stelle ist ein Dank angebracht für die knapp 80 privaten Beistandspersonen, welche knapp 100 Mandate betreuen. Sie schaffen für hilfsbedürftige Menschen ein Umfeld, dass ihnen erlaubt, soweit möglich noch selbstbestimmt zu leben.

Der Antrag wurde entsprechend mit 34:0 Stimmen gutgeheissen.

Weisung 78/2021 des Stadtrates: Revision Ortsplanung «Stadtraum Uster 2035», Ergänzungsbericht zum festgesetzten Stadtentwicklungskonzept (STEK)

Unser CVP-Fraktions-Gspändli Ueli Schmid vertrat im intensivsten diskutierten Geschäft des Abends die Haltung unserer Fraktion. Obschon es sich nur um eine Kenntnisnahme handelte, waren die Voten von links bis rechts kritisch, wodurch Stephan Feldmann den Bericht gegenüber allen Seiten zu verteidigen hatte. Wie Ueli es gleich zu Beginn klarstellte: Die Erstellung des STEK inkl. des nun vorliegenden Ergänzungsberichts war und ist eine Herkules-Aufgabe. Denn jede Einwohnerin und jeder Einwohner von Uster hat zum Thema Bahnquerungen eigene Vorstellungen und Wünsche, die sich nicht alle umsetzen lassen. Es muss folglich das Bestmögliche und die Lösung mit der grösstmöglichen Übereinstimmung der Volksmeinung umgesetzt werden. Dies im Gesamtinteresse der Stadt. Und die Zeit drängt! Darum war es umso unverständlicher, dass ein Teil des Rates den Bericht an den Stadtrat zurückweisen wollte. Aufgrund der Voten im Rat schien sich dies abzuzeichnen.

Mit dem geplanten SBB-Ausbau der Bahnlinie in den kommenden Jahren ist rascher Handlungsbedarf angebracht. Die «Zubringer-Strassen» sind bereits heute für alle Verkehrsteilnehmer eine Herausforderung. Eine Null-Lösung, also den Status Quo bei den Strassen beizubehalten, ist keine Option. Klar ist inzwischen wohl allen, dass die Stadt Uster bei den Bahnquerungen nicht die alleinige Planungshoheit hat. Daher sind alle Player (die Stadt Uster, die SBB und der Kanton) nun gemeinsam gefragt.

Grundsätzlich begrüsst die FDP/CVP-Fraktion den Zusatzbericht, hat aber inhaltlich und prozessual zwei wichtige Punkte anzumerken:

– Die heutige Bahnquerung Talweg ist mit einer Velo- und Fussgängerunterführung zu ersetzen. Es kann nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler dereinst ca. 50 Minuten (innerhalb einer Stunde) vor geschlossenen Bahnschranken warten oder weite Umwege in Kauf nehmen müssen.

– Stadtrat Stefan Feldmann hat in der Baukommission deutlich gemacht, dass das Konzept zu den Bahnquerungen nur als Ganzes funktioniert macht. Sollte nur eine der geplanten Unterführungen wegfallen, muss das gesamte Konzept überarbeitet werden. Die latente Gefahr eines Scherbenhaufens ist also vorhanden.

Trotzdem, eine Rückweisung konnten wir als eine der wenigen Fraktionen nicht unterstützen. Wir erachten es als wichtig, dass nun zeitnah zusammen mit dem Kanton und der SBB die Machbarkeit der einzelnen Lösungen geklärt wird. Dieser Haltung folgte der Rat nach der kritischen Diskussion schliesslich überraschend klar.

Der Bericht wurde mit 21:5 zur Kenntnis genommen.

Postulat 620/2021 von Anita Borer (SVP), Markus Ehrensperger (SVP) und Rolf Denzler (SVP): „Die Steuerzahlenden von Uster durch die kantonalen Zuschüsse entlasten“

Matthias Bickel gibt die Fraktionsmeinung trotz Widerstand von Mitte/Links zum Besten. Die Postulanten greifen ein richtiges Thema auf: Vielfach werden die finanziellen Erleichterungen, welche durch Kostenübernahme des Kantons den Gemeinden entstehen, nicht weitergegeben. Auch der FDP/CVP-Fraktion ist es ein Anliegen, dass solche Änderungen der kantonalen Gesetzgebung in der Gemeinden ankommen und dort sachgerecht umgesetzt werden.

So unterstützten wir das Postulat, damit der Stadtrat die Gelegenheit erhält, die nötigen Abklärungen zu treffen, um Transparenz zu schaffen und für eine klare Trennung zwischen der Entlastung und der allgemeinen Rechnung der Stadt zu sorgen – damit die Entlastungen den Steuerzahlenden von Uster zu Gute kommen können. Es nützt nichts:

Das Postulat wurde mit 20:14 Stimmen abgelehnt.

Weitere Abstimmungen:                                       

Für die FDP/CVP-Fraktion Marc Thalmann