Vordergründig will die Initiative die Volksrechte stärken, in Tat und Wahrheit geht es den Initianten aber darum, den Lehrplan 21 zu verhindern. Die FDP Fraktion folgt deshalb dem Regierungsratsantrag zur Ablehnung der Initiative und stimmt mit der Mehrheit des Kantonsrates. Lediglich SVP und EDU unterstützen die Initiative. Eine Annahme würde für Planungsunsicherheit in der Volksschule sorgen und diese auf Jahre hinaus blockieren.
Die Initianten wollen einzig im Volksschulbereich die Entscheidungskompetenz für den Lehrplan dem Kantonsrat bzw. dem Volk übertragen und damit den vom Kantonsrat demokratisch gewählten Bildungsrat entmachten. Für die weiteren Bildungsstufen wie Berufsfachschulen, Gymnasien oder Hochschulen gälte weiterhin die bisherige Kompetenzordnung. Das ist inkonsequent.
Die Volksinitiative bringt keine Lösung für die Probleme der Initianten. Sie bemängeln methodische Fragen, die nicht dem Lehrplan anzulasten sind, sondern dessen Umsetzung im Klassenzimmer. Die Methodenfreiheit der Lehrpersonen bleibt aber auch mit dem neuen Lehrplan 21 gewahrt. Konstruktive alternative Vorschläge zum Lehrplan 21 haben die Initianten keine. Sie wollen einfach etwas Anderes oder zweifeln an der demokratischen Legitimation des Lehrplans. Dem ist aber nicht so.
2005 hat der Kanton Zürich mit grosser Mehrheit das neue Volksschulgesetz beschlossen. 2006 hat die Schweiz und auch der Kanton Zürich mit 86 % Ja-Stimmen dem Bildungsartikel zugestimmt, welcher die verfassungsrechtliche Grundlage für das HarmoS-Konkordat bildet. 2008 hat der Kanton Zürich mit über 62 % Ja-Stimmen dem Beitritt zum HarmoS-Konkordat zugestimmt. Dem gehören 21 Kantone an. Dieses hält fest, dass Lehrpläne, Lehrmittel und Evaluationen sowie Bildungsstandards zwischen den Kantonen abzustimmen sind. Der Lehrplan 21 soll dazu beitragen, diese Abstimmung zwischen den Kantonen umzusetzen. Die Harmonisierung ist für die berufliche und ausbildungsmässige Mobilität der Schweizer Bevölkerung wichtig.
Der heute vorliegende Lehrplan 21 des Kantons Zürich ist also das Ergebnis aus mehreren Volksabstimmungen, jahrelanger Erarbeitung und zwei breiten Vernehmlassungen bei allen politischen Parteien und Organisationen des Bildungswesens. Die kritischen Stimmen wurden gehört und viele Kritikpunkte in der revidierten Fassung aufgenommen. Die FDP hat in beiden Vernehmlassungen grundsätzlich dem Lehrplan 21 zugestimmt, jedoch Anpassungen angeregt (u.a. vermitteln von wirtschaftlichen Themen, Stärkung von MINT und ICT). Diese wurden gehört. Der Lehrplan stellt heute einen demokratischen Kompromiss dar: für keine Seite perfekt, aber für die Mehrheit annehmbar.
Die in den letzten Jahren konzipierten und produzierten Lehrmittel und die Ausbildungen an der PH sind schon lange auf den Lehrplan 21 ausgerichtet. Der Bildungsrat hat am 13. März 2017 den Lehrplan in Kraft gesetzt. Ab 2018/2019 und 2019/2020 soll der Lehrplan pragmatisch schrittweise eingeführt werden. Die Schulleitungen sind seit Dezember 2016 bereits in die Vorbereitungen involviert. Die Verantwortung liegt bei den Gemeinden, den Schulbehörden und Schulleitungen. Die Bildungsdirektion unterstützt mit Hilfsmitteln und Weiterbildungsangeboten. Wenn die praktische Umsetzung Anpassungsbedarf aufzeigen sollte, wird der Kantonsrat und der Bildungsrat wie bisher seine Verantwortung im Rahmen seiner Kompetenzen wahrnehmen.
Die einst gross angekündigte Revolution, welche der Lehrplan 21 in der Volksschule auslösen sollte, fand nicht statt. Das Projekt löste eine schrittweise Evolution aus. Deshalb erstaunt es nicht, dass die Kantone TG, SG, SH, AI, TG, AG, BL und SO die Volksinitiativen gegen den Lehrplan 21 bereits abgelehnt haben. Tun wir im Kanton Zürich das Gleiche!
Cäcilia Hänni