Der Gemeinderat ist vollzählig anwesend. Die Sitzung startet ohne Umwege direkt zu den Persönlichen Erklärungen. Paul Stopper – ein sicherer Wert – wird eine Redezeitverlängerung gewährt – mittlerweile stillschweigend, denn Paul hat immer viel zu sagen. Und manchmal hat er auch Recht. Thema dieses Mal: Das Neubauvorhaben an der Gerichts-/Zürichstrasse. Paul Stopper findet Gefallen an der vorgesehenen Gestaltung der Gebäudefassaden, moniert aber, dass der Neubau den Vorgaben des STEK nicht Rechnung trage: auf der Poststrasse sei keine Fussgängerzone mit Veloverkehr und mindestens einer Buslinie und einer Haltestelle vorgesehen. Das müsse dringend geändert werden, damit Uster zu einer würdigen Fussgängerzone komme! So die Bitte an den Stadtrat.
Weiter gehts mit dem Hauptthema von heute Abend: um die Ustermer Parkplätze.
Die Initianten wollen erreichen, dass die Anzahl der öffentlichen Parkplätze erhalten bleibt. Vor allem sei das Gewerbe auf diese angewiesen, damit seine Kundschaft in der Nähe der Geschäfte den Güterumschlag vollziehen könne. Wenn dies in Zukunft nicht mehr möglich sei, befürchten die Initianten die Abwanderung der Kundschaft, was dem bereits unter Druck stehenden Gewerbe ein weiteres Problem bescheren würde.
In der vorberatenden Sachkommission des Gemeinderates wurde über die Initiative lange und lebhaft diskutiert – denn Verkehr / Parkplätze sind ein emotionales Thema.
Für unsere Fraktion hat das Ansinnen der Initiative ihre Berechtigung. Die Initiative ist uns jedoch etwas zu starr formuliert, weshalb wir einen Gegenvorschlag eingereicht haben. Jürg Krauer erläutert in seinem Referat die Gründe dazu und wie wir zur Thematik stehen. Eine neue Studie aus Deutschland zeigt aktuelle Zahlen in diesem religiös aufgeladenen Thema, dass das Auto bei 2/3 der Bevölkerung auch im innerstädtischen Verkehr halt immer noch das bevorzugte Verkehrsmittel sei. Das mag Rot-Grün nicht gefallen – es gebe eben noch andere Lebensentwürfe ausserhalb der rot-grünen Politiker-Bubble. Was die Linke für ihr Narrativ auch verdrängt: Die Initiative will das Mobilitätsbedürfnis aller Verkehrsteilnehmenden abdecken – und da gehört nun mal auch das Auto dazu. Und so macht auch ein Parkleitsystem für das Stadtzentrum Sinn: Es reduziert den Parkplatz-Suchverkehr. Deshalb enthält unser Gegenvorschlag auch weiterhin diese Forderung. Im Vorfeld zeigten unsere Sondierungen, dass die Linke das Parkleitsystem weg haben will. – Warum? Wohl, um den Autofahrenden das Leben möglichst schwer zu machen? Diese Haltung dringt bis in den links-dominierten Stadtrat hinein: Der Gemeinderat hat 2016 bestimmt, dass Uster im Stadtzentrum ein Parkleitsystem herhalten solle. Bis jetzt ist nichts passiert… aha. Und wenn man bei der federführenden Abteilung Bau nachfragt, erhält man die lapidare Antwort: Keine Priorität, keine Kapazität. (So läuft das also! Anstatt den Parlamentsauftrag umzusetzen, revidiert man auf der Stadt lieber – und ohne Bedarf! – die Siedlungsentwässerungsverordnung oder fliegt mit Drohnen durch die teuer sanierten Quertierstrassen!)
Und so ist es nicht verwunderlich, wenn sich Widerstand regt: Die SVP/EDU dankt dem Stadtrat für die Steilvorlage, denn sein Verhalten habe schliesslich zu dieser Initiative geführt. Auch werde in der ganzen Diskussion ignoriert, dass die Initiative die Spitzenzeiten brechen wolle – es sei vollkommen klar, dass nachts um 2 Uhr ein Parkhaus nicht voll sei. Die Krux sei halt, dass der Mensch es gerne praktisch haben wolle. Und er suche sich die praktischen Orte selber. Wenn das Stadtzentrum dies nicht biete, wanderte die Kundschaft ab. Dabei wollten wir doch alle (von links bis rechts) ein belebtes Stadtzentrum.
Natürlich lehnt Rot-Grün die Initiative ab – weil sie nicht nötig sei und unnötigen Verwaltungsaufwand generiere. (So, so… gerade die Linke moniert Verwaltungsaufwand und Bürokratie?! -> Wenns passt, ist halt jedes Argument recht! – Wie war das gleich noch mit der Einverleibung der Schulzahnklinik in die Stadtverwaltung?! Nur der Staat könne das richtig regeln – und dafür braucht es dann auch wieder viel neue Verwaltung…) Ferner: Parkplätze seien auch verantwortlich für die Aufheizung der Städte! (Die Aufhebung von ein paar Parkplätzen wird das Klima wohl nicht retten…) Und dann wird noch von Verschleuderung von Steuergeldern für ein Parkleitsystem gesprochen! (Wer ist denn da verantwortlich für ein Fussgängerleitsystem in Uster mit teuren Wegweisern, die niemandem etwas bringen, weil praktisch alle sich mit dem Smartphone zu einem Ort führen lassen oder eh wissen, wohin sie gehen müssen?) Dass ein Parkleitsystem den CO2-Ausstoss und Lärm reduzieren kann, passt halt nicht ins Narrativ…
Der Schlagabtausch geht lange weiter so… Im Grunde genommen geht es um „Velo gegen Auto“. Dabei wird vergessen, dass viele Leute eben beides machen – ja nach Situation eben. (Unsere Fraktion ist bekannt als bürgerliche Velofraktion.)
Bei der Detailabstimmung stehen sich die beiden Gegenvorschläge gleichberechtigt gegenüber:
FDP/Mitte: Erhält 15 Stimmen
GLP/EVP: Erhält 16 Stimmen
(Ein ungewohnt knappes Resultat.)
Schlussabstimmung zur Weisung des Stadtrats:
Dispo 1: Einstimmig angenommen.
Dispo 2: Einstimmig angenommen.
Dispo 3: Der Gegenvorschlag der GLP/EVP wird mit 7:27 abgelehnt.
Dispo 4 (neu 3): Die Volksinitiative wird mit 15:20 abgelehnt.
(Rot-Grün war zahlenmässig stärker.)
Nun ist das Stimmvolk dran!
Andrea Grob resümiert in ihrem Referat die Antwort des Stadtrats – und sie ist nicht zufrieden damit: Der Stadtrat habe schlicht die Hauptfragestellung ignoriert! Uns ging es nicht darum, die Altersstrategie auf dem Silbertablett wiederholt zu bekommen. (Diese kennen wir!) Die zentrale Frage lautete: „Welche konkreten Lösungen und Kooperationen mit privaten und öffentlichen Institutionen bieten sich an?“ Und dies wurde gerade mal mit einem Achtzeiler abgehandelt! Der Bericht macht eher den Eindruck eines Verkaufsinstrumentes der Altersstrategie 2030. Zur Erinnerung an den Stadtrat: Das Postulat wurde im Rat einstimmig überwiesen! Das Thema ist allen Fraktionen wichtig!
So sieht auch die SP die Fragestellung als zu wenig klar beantwortet und der SVP/EVP fehlt die Beantwortung der gestellten Fragen ebenso.
Die zuständige Stadträtin findet ihren Postulatsbericht jedoch super und sieht höchstens bei einem kleinen Teil Nachholbedarf. Sie redet sich heraus und unterstellt den Postulierenden falsche Erwartungen. Tja: Viel geredet, aber wenig gesagt.
Das findet die Mehrheit des Rates auch und verlangt mit 20:10 Stimmen einen Ergänzungsbericht.
Für die Fraktion: Matthias Bickel.