Alles neu macht der Mai … Nicht alles, aber doch war einiges anders an dieser Gemeinderatssitzung im Mai 2020. Die Sitzung fand erstmals ex Muros im Stadthofsaal statt, Andrea Grob sass für die FDP zum ersten Mal im Rat und durch den Zusammenschluss zur FDP/CVP-Fraktion zählt diese mit Ueli Schmid (CVP) neu sechs Mitglieder.
Nach der langen Pause war das Redebedürfnis einiger Parlamentarier gross. Diverse persönliche und Fraktionserklärungen drehten sich situationsbedingt um die Corona-Krise. Die einen (SP) lobten den Stadtrat für seine Arbeit und hoffen auf einen ausgabefreudigen Gemeinderat, die anderen (SVP/EDU) waren nicht wirklich glücklich mit der Kommunikation desselben und warnen davor die drohenden leeren Kassen einfach mit Steuererhöhungen zu füllen. Auch die Stadtpräsidentin blickte aus Sicht der Exekutive auf die vergangenen knapp drei Monate zurück, die unser aller Leben durcheinander gewirbelt hat.
Erfrischend, daher, dass sich Jürg Krauer bereits wieder einem politischen Geschäft zugewandt hat, dem kürzlich publizierten Kulturkonzept.
Kulturkonzept
Mit einer Fraktionserklärung doppelte Jürg Krauer der letzte Woche eingereichten Fraktionsanfrage zum Kulturkonzept nach. Bezugnehmend auf die als „Kulturgelage“ betitelten Workshops, aus denen das Konzept entstanden ist, geisselte er das Konzept als „reichliches und übermässiges Wunschprogramm“ der Kulturschaffenden, in welchem Geld keine Rolle spiele. Trotzdem sind die Museen leer ausgegangen, diese gehören offenbar nicht zum Kulturverständnis der Kulturkommission. Wir hoffen, dass der Stadtrat die kritischen Frage als Chance nutzt und mehr Transparenz in dieses noch undurchsichtige Konzept bringen wird.
Wahlen
Nach dem obligaten Jahresrückblick der scheidenden Ratspräsidentin wurden als Einstieg in die ordentlichen Traktanden die nötigen Wahlen abgehalten. Den weiten Wegen wegen, die der Weibel mit Wahlzettel und Urne zurücklegen musste, dauerte das Prozedere ungemein länger als üblich. An den (erwarteten) Resultaten änderte sich indessen nichts. Karin Niedermann (SP) beerbte Ursi Räuftlin (GLP) als Ratspräsidentin und Anita Borer (SVP) rückte als 1. Vizepräsidentin nach. Neu auf den sogenannten „Bock“ wählten die 34 anwesenden Gemeinderätinnen und -räte unseren Fraktionspräsidenten Jürg Krauer mit 29 Stimmen glanzvoll zum 2. Vizepräsidenten – herzliche Gratulation.
Bei den Kommissionen ergaben sich folgende Veränderungen: Andrea Grob übernimmt die Aufgaben von Peter Müller in der Kommission für Soziales und Gesundheit (KSG), während dieser anstelle des zurückgetretenen Richard Sägesser in der Kommission für Bildung und Kultur (KBK) Einsitz nimmt.
Leistungsmotion 569/2020 OpenGovernment-Data-Strategie (OGD-Strategie)
Silvio Foiera (EDU) und Christoph Keller (SVP) wollen den Stadtrat damit beauftragen, eine Strategie auszuarbeiten, wie die in der Stadtverwaltung verfügbaren Daten dem Öffentlichkeitsprinzip entsprechend, verwaltungsintern wie auch Dritten zur Verfügung gestellt werden.
Für Peter Müller zeigte die Antwort des Stadtrates, dass dieser, beziehungsweise die Verwaltung, den Kern des Vorstosses nicht erkannt hatte. Zum einen verlangte der Vorstoss keine neue Stelle, wie es der Stadtrat postuliert, sondern die Ausarbeitung einer Strategie. Diese kann auch mit externen Kräften und den verwaltungsintern Verantwortlichen gut erarbeitet werden. Zum andern zeigen die in der Antwort aufgeführten IT-Projekte, welche der Stadtrat aufgrund begrenzter Ressourcen priorisiert, nicht die für Digitalisierungsvorhaben wichtigen Eigenschaften, nämlich die Kundenfokussierung und die schnelle Zielerreichung. Zudem schafft man mit Open Data ein riesiges Potential zur Effizienzsteigerung für die öffentliche Hand, da Dritte mit den ihnen so zugänglichen Daten kostengünstig Lösungen entwickeln können. Lösungen, die von der Verwaltung so vielleicht nie angestossen worden wären.
Die Stadt Uster hätte mit der Stelle des Chief Digital Officers (CDO), der bestehenden Strategiedokumenten und der Vernetzung zu Kanton und Bund gute Voraussetzungen, die Digitalisierung aktiv zu gestalten. Sie bräuchte nur einen Schubs in die richtige Richtung. Die Leistungsmotion erachten wir als diesen Schubser.
Die Leistungsmotion erhielt 18 Stimmen der SVP, EDU, FDP und der Grünen und wurde damit an den Stadtrat überwiesen.
Weisung 48/2019 des Stadtrates: Revision Ortsplanung «Stadtraum Uster 2035»
Das Stadtentwicklungskonzept (STEK) 2035 wurde in einem mehrjährigen, partizipativen Verfahren entwickelt. Jürg Krauer war als Mitglied der Kommission Planung und Bau (KPB) involviert und attestiert dem vorliegenden Bericht, dass er die Erkenntnisse aus den sogenannten Echoräumen im Grossen und Ganzen gut widerspiegelt.
Zwar kann der Gemeinderat den Bericht zum Stadtentwicklungskonzept nicht beraten, sondern nur zur Kenntnis nehmen. Das an sich gute und stimmige Dokument beinhaltet, dem Mitwirkungsprozess geschuldet, zahlreiche Begehrlichkeiten. Daher war es bereits heute wichtig aufzuzeigen, dass sich mit der heutigen Kenntnisnahme die Diskussionen der Umsetzungen im Richtplan oder bei konkreten Projekten nicht bereits erledigt haben. Zumal die einzelnen Kostenfolgen heute noch nicht bekannt sind und in Anbetracht der finanziellen Lage der Stadt ein hartes Ringen um die Prioritäten anstehen werden.
In einem Punkt hätten wir uns ambitioniertere Aussagen gewünscht. Das Verhältnis Einwohner zu Arbeitsplätze soll auch künftig bei 2:1 liegen. Da wäre unserer Ansicht nach ein mutigeres und progressiveres Commitment der Stadt als Arbeitsstandort wichtig.
Auf jeden Fall bietet das STEK 2035 eine gute Grundlage für spannende Entwicklungen in unserer Stadt. Die FDP wird sich dabei weiterhin aktiv einbringen.
Der Bericht zum STEK 2035 wurde mit 32:1 Stimmen zustimmend zur Kenntnis genommen.
Postulat 567/2019: Solarstrom im Standardprodukt für Uster Energieversorgung
Das Postulat des Grünen Patricio Frei schien uns in Bezug auf den Auftrag an den Stadtrat wie auch in der Begründung nicht schlüssig. So wird der Anteil von 15 % Sonnenenergie am Standardmix weder in der Höhe begründet, noch in eine zeitliche Dimension der Umsetzung gesetzt. Und die Begründung, man müsse von fossilen Energieträgern wegkommen, sticht in diesem Fall auch nicht, da die Energie Uster AG bereits heute 100 % nachhaltig produzierten Strom aus Wasserkraft (und einem kleinen Anteil Solarstrom) in alle Haushalte liefert.
Matthias Bickel spricht in seinem Referat von einem weiteren grünen Copy-Paste-Vorstoss. Diesmal aus der Stadt Zürich übernommen. Im Ansatz zudem aus unserer Sicht unausgegoren, da eine Erhöhung des Solarstrom-Anteils von heute 3 % auf 15 % des Ustermer Stromverbrauchs nur durch den Einkauf von sämtlichem heute verfügbaren Solarstrom der Schweiz zu erreichen wäre. Dies bedingt zudem einzelne Abnehmerverträge mit geschätzten 1500 Haushalten. Alternativ müsste zur Zielerreichung Solarstrom aus dem Ausland zugekauft werden.
Wie zu erwarten war, wurde das Postulat schlussendlich, Dank der linken Mehrheit im Rat, mit 19:14 Stimmen überwiesen.
Bericht: Marc Thalmann